Rembrandt Harmenszoon van Rijn: Selbstbildnis mit einem Samtbarett und einem Mantel mit Pelzkragen, 1634

Nein, ich werde jetzt nicht vermessen. “Nennt mich Rembrandt” ist der Titel einer Ausstellung um Städel-Museums in Frankfurt, die ich am 15. Januar 2022 besucht habe. Die Ausstellung ist sehenswert. Ein Anlass, mich auf den Weg zu machen, war, dass ich mich im vergangen Herbst intensiver mit dem Thema Lichtsetzung auseinandergesetzt habe (siehe die Blog-Einträge Blitzdingsen und das Tetraptychon). Das Titelbild der Ausstellung (s. links), ein Selbstbildnis, dass Rembrandt mit knapp 30 Jahren gemalt hat, zeigt die Grundzüge der Lichtführung, die mit dem Begriff “Rembrandt-Licht” bezeichnet wird: eine Seite des Motivs hell beleuchtet, die andere im (Halb-)Schatten. Hier kommt das Licht direkt von der Seite. Wandert bei Porträts die Lichtquelle etwas höher, erscheint auf der abgeschatteten Seite unterhalb des Auges ein kleines beleuchtetes Dreieck, wie es auf den Gemälden Bildnis eines Mannes mit Hut in den Händen (1637) oder Judith beim Bankett des Holofernes (1634) zu sehen ist.

Die Lichtführung ist sicher stilprägend für Rembrandt. Aber es gibt noch so unendlich viel anderes in einer solchen Ausstellung zu entdecken oder einfach (wieder) zu erkennen. Vor allem zeigt sich, dass selbst die vermeintlich neuesten Insta-Foto-Hypes alle schon einmal da gewesen sind. Selbst die Unterschiede in Farbauftrag, der Farbigkeit von Bildern folgen schon lange dem Muster: taugt das Motiv nicht viel, nimm mehr Farbe. Rembrandt wäre heute sicher ein Kandidat für den Hashtag #nofilter oder #OhneFilter. Denn auf Instagram wäre er sicher, ein solcher Meister der Selbstvermarktung, wie er einer war. Das zeigt der Titel der Ausstellung, der ein Zitat des Malers ist. Auch das ist also nichts neues: Rembrandt, der Influencer — Hashtag #Rembrandt. Seine Bilder — siehe #nofilter — zeigen jedoch sein Feingefühl für Licht (hatten wir schon) und eine unglaubliche Ausgewogenheit zwischen (vermeintlich) Alltäglichem und Inszeniertem. Dadurch ist kein Detail bedeutungslos. Aber die Bilder sind nicht überladen, kommen nicht mit dem Holzhammer der Message daher. Ganz besonders deutlich kommt das bei seinem grafischen Werk (Skizzen und Radierungen) zum Tragen.

Es hat sich wieder einmal bestätigt, wie wichtig es — für mich — ist, auch immer wieder in die Geschichte der Kunst zu schauen. Sei es in die sonst von mir so geschätzte (italienische) Renaissance, ins Barock oder bis in die (klassische) Moderne. Ich will hier nicht auf den Streit über die Endlichkeit der Motive eingehen. Aber es ist spannend, wie oft und selbstverständlich, bewusst oder unbewusst Zitate aus scheinbar längst vergangenen Epochen sich ins Werk von Musiker:innen, Maler:innen, Fotograf:innen und anderen Künstler:innen “einschleichen”. Diese Zitat zu entdecken macht mir immer große Freude — oder eben auch selbst zu zitieren.

PS: Die Ausstellung wurde unter anderem auch in der Süddeutschen Zeitung und der Zeit besprochen.